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Wie wir als Familie auf dem IJsselmeer Segeln lernten

Drei Tage IJsselmeer, zwei Kinder, eine Bavaria 32 – und Wind, der alles infrage stellte. Was als Testlauf für die Ostsee 2026 geplant war, wurde zu einem Abenteuer mit Lerneffekt.
Manche Träume brauchen Zeit. Vor gut 15 Jahren habe ich meine Segelscheine gemacht. Ich war immer wassersportaffin, aber nach dem Schein blieb es beim regelmäßigen Segeln mit Polyvalken auf den friesischen Meeren. Schön war das – aber die Sehnsucht, einmal "richtig" auf dem Meer zu segeln, wurde mit den Jahren immer größer.
Meine Leidenschaft steckte an. Also beschlossen wir als Familie, 2026 einen längeren Törn auf der Ostsee zu wagen. Aber klar war auch: Wir brauchen Erfahrung, als Crew, als Familie, und ich als Skipper. Ein erster Schritt war ein intensives Hafentraining bei Sporedo. Die Kinder haben ihren Jüngstensegelschein, meine Frau den Sportbootführerschein. Alle sind im wahrsten Sinne „an Bord“. Und so planten wir über Pfingsten 2025 unseren ersten gemeinsamen Törn mit einer gecharterten Bavaria 32, Abfahrt ab Lemmer – drei Tage zum Üben, Erleben, Ausprobieren.
Die Vorfreude war riesig. Doch je näher das Datum rückte, desto intensiver studierte ich die Wettermodelle auf Windy. Was sich da abzeichnete, sah wenig einladend aus: 5 bis 8 Beaufort. Auch der Vercharterer meldete sich: Wir könnten kostenlos umbuchen. Bei den angesagten Bedingungen sei ein Start am Samstag vermutlich nicht möglich. Die angebotenen Alternativen passten für uns jedoch nicht und wir wollten es trotzdem wagen.
Vielleicht eine Trotzreaktion – oder einfach der Wunsch, sich endlich dieser Herausforderung zu stellen.
Tag 1 (Samstag)
Die Wetterprognosen sahen ungemütlich aus. Der Vercharterer erlaubt Fahrten nur bis Windstärke 6. Aber die Nachbarboote verließen wie selbstverständlich den Hafen. "Dann kann es ja nicht so schlimm sein“, dachten wir und zogen mit. Die erste Schleuse verlief reibungslos. Trotz der widrigen Bedingungen klappte alles gut.
Geplant war eigentlich eine Route nach Medemblik, doch es regnete und der kräftige Wind kam genau aus der Richtung, in die wir wollten. Bei den Bedingungen gegenan? Also Planänderung: Wir setzten Kurs auf Urk, querab zum Wind.
Die Kinder hielten sich tapfer – obwohl das Wetter seinen Tribut forderte: nass, kalt, anstrengend. Seekrankheit schlich sich leise ein, blieb aber zum Glück ohne Folgen. Am späten Nachmittag legten wir - dank Hafentraining - sauber in Urk an. Erschöpft, aber ein bisschen stolz.
In Urk wurde an diesem Tag gefeiert. Wie uns der Hafenmeister erklärte, findet am Tag vor Pfingsten traditionell der Urkdag statt – ein Heimkehrfest, bei dem viele Einheimische, vor allem die jungen Frauen, in ihr Dorf zurückkehren, um die Feiertage gemeinsam zu verbringen. Überall herrschte Volksfeststimmung: Die Menschen trugen Trachten und es wurde gefeiert. Aus den Hafenkneipen und von den Booten drang holländische Partymusik über das Wasser. Ich stellte mich innerlich schon auf eine unruhige Nacht ein – doch zum Glück beruhigte sich der Hafen schnell, so daß wir zeitig in unsere Kojen kriechen konnten.
Sturmnacht an den Leinen
Die Nacht brachte eine unangenehme Wendung: Gegen 4 Uhr morgens zog ein Sturm durch. Die Böen rüttelten am Boot, das an den Fendern gegen den Steg drückte. Im Halbdunkeln kroch ich aus der Koje, um die Fender neu zu platzieren.
Tag 2 (Pfingstsonntag)
Der Sonntag begann überraschend freundlich. Weniger Wind, sogar trockene Abschnitte – das ließ uns hoffen, daß wir doch noch bis Medemblik kommen könnten. Also legten wir ab, setzten die Segel und nahmen Kurs Richtung Nordwest.
Doch draußen frischte der Wind bald wieder auf, der Himmel zog zu, und nach einer knappen Stunde, mitten im Hagel, wurde uns klar: Das wird zuviel. Wir wollten reffen und stellten das Boot in den Wind, doch die Segel schlug laut und heftig. Es fehlte die Routine, die Abstimmung – wir waren überfordert. Unsere Tochter erschrak und ihr Tränen standen ihr in den Augen. Keine Panik, kein Streit – aber ein Moment, der zeigte: Wir waren an der Grenze dessen, was wir uns in diesem Moment zutrauten.
Wir änderten den Kurs, fielen ab und segelten zurück nach Lemmer. Nass, leise, nachdenklich. Der Traum vom Urlaubstörn auf der Ostsee schien so weit entfernt wie ich selbst vom erfahrenen Skipper. Zurück in Lemmer räumten wir auf, machten klar Schiff – in jedem Sinne - und besprachen beim Abendessen offen meine Fehleinschätzung. Doch statt Enttäuschung gab es Aufmunterung. Und ausgerechnet meine Tochter sagte grinsend: „Ich freu mich auf unseren Segelurlaub nächstes Jahr.“
Tag 3 (Pfingstmontag)
Am Montag war das Wetter wie verwandelt: Sonne, trockene Böen, stabile Verhältnisse. Mit Respekt aus dem Vortag fuhren wir gerefft los – aber merkten bald, daß das gar nicht nötig war. Also ausgerefft und los geht’s! Perfekte Bedingungen. Endlich konnten wir alle das Segeln genießen. Die Kinder ließen die Beine über Bord baumeln und jauchzten, wenn das Boot sich in einer Böe zur Seite legte. Angst? Keine Spur. Nur meine Frau kommentierte augenzwinkernd meine sportliche Fahrweise und ich spürte: Jetzt läuft es.
Dann war das Wochenende schon vorbei. Viel zu schnell – aber genau richtig.
Dieser Törn war ein Testlauf für 2026 – und er war in jeder Hinsicht wertvoll. Wir haben erlebt, wie sich herausfordernde Bedingungen auf dem Wasser anfühlen. Wir haben gesehen, wie wir als Familie funktionieren.
Auch seemännisch haben wir viel gelernt:
Wie wichtig es ist, Wettervorhersagen nicht nur zu lesen, sondern auch einzuordnen und danach zu handeln.
Und manchmal ist die beste Entscheidung, nicht auszulaufen – sondern im Hafen zu bleiben.

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