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Skipperrolle statt Kumpelmodus - Wenn dein Ersatzskipper im Manöver deine Kommandos ignoriert
Wenn dein Ersatzskipper im Manöver deine Kommandos ignoriert
In diesem Artikel geht es um eine reale Situation aus einem Skipper-Training in Kroatien:
enge, fjordartige Bucht, wenig Schwojraum, mehrere vergebliche Ankerversuche – und ein Ersatzskipper, der meine klaren Kommandos im Manöver nicht ausführt, sondern zurückfragt.
Im eingebetteten Video erzähle ich die Situation ausführlich, inklusive der emotionalen Seite:
Ein angefressener Ersatzskipper, eine kurzfristig gekippte Stimmung – und die Frage:
Bin ich als Skipper noch Teil des „Teams“ oder habe ich eine Sonderrolle?
Im Artikel geht es um die Learnings daraus: Was bedeutet Skipperrolle konkret, wie vermeidest du solche Situationen – und was kannst du tun, wenn sie trotzdem passieren?
1. Kurz zusammengefasst: Was ist passiert?
- Skipper-Training (mit Ersatzskipper) in einer schmalen, fjordartigen Bucht
- Bucht ist gut gefüllt, wenig Platz zum Schwojen
- Mehrere Ankerversuche, der Anker hält zunächst nicht
- Ich gehe an den Bug, bediene selbst die Ankerwinsch
- Absprachen: Zeichensprache statt Geschrei, klare Kommandos vom Bug zum Steuerstand
- Ich gebe das Kommando: „Nach hinten fahren.“
- Statt auszuführen, kommt wiederholt die (zu laute) Rückfrage: „Ist der Anker oben?“
- Gleichzeitig: Seitlicher Wind, die Yacht driftet, ich brauche eine bestimmte Position
- Ergebnis: Ich weise ein anderes Crewmitglied an, das Steuer zu übernehmen
- Nach dem erfolgreichen Manöver kommt es zur Auseinandersetzung im Cockpit:
Der Ersatzskipper ist stinksauer, fühlt sich übergangen und sagt sinngemäß:
„Ich dachte, wir sind hier ein Team.“
Für mich stellt sich anschließend die zentrale Frage:
Wo endet das „Wir sind alle ein Team“ – und wo beginnt die besondere Verantwortung des Skippers?
2. Grundprinzip: Team ja – aber im Manöver klare Verantwortungslinie
Eine Crew funktioniert idealerweise wie ein Team – aber nicht in jeder Situation gleich:
- Bei Planung, Törnentscheidungen, Tageszielen: sehr gern demokratisch, mit viel Mitsprache.
- In kritischen Situationen und Manövern: klare Befehlskette, eindeutige Kommandos.
Warum?
Im Manöver kann jede Sekunde zählen:
- Du hast begrenzten Raum, begrenzte Zeit, oft Wind/Schwell/Strömung.
- Unklare Kommandos führen zu Verzögerung – Verzögerung zu Risiko.
- Mehrere „Köche“ am Ruder sind in der Regel gefährlich.
Der Skipper trägt die Letztverantwortung:
- Rechtlich (Haftung, ggf. vor Gericht)
- Praktisch (Sicherheit der Crew, Schutz des Schiffs, Vermeidung von Schäden)
- Moralisch (du bist die Ansprechperson, wenn etwas schiefgeht)
Daraus folgt ein einfacher Merksatz:
-
Im Manöver werden Kommandos ausgeführt –
diskutiert wird danach.
3. Checkliste: Was du VOR dem Törn klar regeln solltest
Viele Konflikte entstehen, weil Erwartungen nicht sauber ausgesprochen wurden.
Das kannst du vorab klären – besonders, wenn ein Ersatzskipper / sehr erfahrener Mitsegler an Bord ist.
Vor dem ersten Ablegen:
-
☐ Rollen klären:
- Wer ist Skipper?
- Wer ist Ersatzskipper (Vertretung, wenn du ausfällst / bewusst abgibst)?
- Welche Entscheidungsbereiche sind „Chef-Sache“?
-
☐ Prinzip „erst ausführen, dann diskutieren“ erklären:
- Im Manöver werden Kommandos nicht verhandelt.
- Kritik, Zweifel, andere Meinungen → nach dem Manöver in Ruhe.
-
☐ Kommunikationswege festlegen:
- Funk/Headsets?
- Handzeichen?
- Wer spricht den Rudergänger an? (idealerweise nur eine Person)
-
☐ Regel für Zweifel im Manöver:
- Gibt es eine vereinbarte Kurzform für „Gefahr, ich beende das Manöver“?
- Was darf der Rudergänger eigenständig entscheiden (z. B. „Gas weg bei unmittelbarer Kollisionsgefahr“)?
-
☐ „Wir sind ein Team – aber mit klarer Führung“ aussprechen:
- Teamgeist ja – vor allem bei Stimmung, Aufgabenverteilung, Kochen, Alltag.
- Führung im Manöver ja – weil du die Verantwortung trägst.
4. Checkliste: Wenn jemand deine Kommandos im Manöver nicht ausführt
Was kannst du tun, wenn es – wie im beschriebenen Fall – trotzdem passiert?
Im Manöver (konkret in der Situation):
- ☐ Bewahre so ruhig wie möglich die Übersicht.
- ☐ Wiederhole das Kommando klar und eindeutig (z. B. per Handzeichen + Stimme).
- ☐ Wenn der Rudergänger trotzdem nicht ausführt:
- ☐ Beurteile die Lage: Habe ich noch Zeit für eine dritte Ansage?
- ☐ Wenn nein / knapp: Delegiere das Ruder an jemanden, der deine Kommandos ausführt.
- ☐ Verzichte auf Rumschreierei – aber sei in der Stimme eindeutig und unmissverständlich.
Wichtig:
Du nimmst jemandem in diesem Moment nicht „sein Spielzeug weg“ –
du übernimmst schlicht die Verantwortung, für die du sowieso geradestehen musst.
5. Nach dem Manöver: Konfliktklärung statt Dauerfrust
Nach dem Manöver ist der Zeitpunkt für das Gespräch – nicht mittendrin.
Direkt nach dem Manöver:
- ☐ Hole die Person zeitnah zum 1:1-Gespräch (nicht vor der gesamten Crew ausbreiten).
- ☐ Nimm die Emotion wahr:
- „Ich merke, du bist gerade richtig sauer.“
- ☐ Bleib bei deiner Rolle:
- „Ich verstehe deinen Ärger – und gleichzeitig bin ich als Skipper verantwortlich.
In dem Moment musste die Entscheidung sitzen.“
- „Ich verstehe deinen Ärger – und gleichzeitig bin ich als Skipper verantwortlich.
Im Gespräch kannst du z. B. transparent machen:
- Warum du delegiert hast (Verantwortung abgeben, Lernchance)
- Was für dich die Grenzen sind (Kommandos werden nicht diskutiert, während das Boot treibt)
- Dass du gerne über Ton, Timing und Alternativen sprichst – aber nach dem Manöver
Was du vermeiden solltest:
- Persönliche Abwertung („Du kannst das ja gar nicht.“)
- Ironie oder Spott
- Zermürbende Diskussionen vor der ganzen Crew
6. Fragen an dich als Skipper
Zum Abschluss ein paar Reflexionsfragen, die du dir nach so einer Situation stellen kannst – oder schon vor dem nächsten Törn:
- Habe ich die Rollen (Skipper / Ersatzskipper / Crew) klar genug kommuniziert?
- Habe ich meine Erwartung an Kommandostrukturen im Manöver erklärt?
- War meine Entscheidung in der Situation konsequent UND nachvollziehbar?
- Wie könnte ich beim nächsten Mal die Stimmung schneller wieder „einzufangen“, ohne die Entscheidung zurückzunehmen?
7. Deine Meinung ist gefragt
Genau darüber diskutiere ich auch im Video, das du oben eingebettet findest.
Mich interessiert deine Sicht:
- Wie hättest du in dieser Situation entschieden?
- Hättest du den Ersatzskipper am Ruder gelassen oder ebenfalls einem anderen Crewmitglied das Steuer übertragen?
- Und wie gehst du generell mit dem Spannungsfeld „Team vs. Skipperrolle“ um?
Schreib deine Erfahrungen und Gedanken gern in die Kommentare –
aus genau solchen Situationen können andere Skipper enorm viel lernen.
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